Die Vernunft des Bades

Es verwundert etwas, hat man doch die Elbe "direkt vor der Haustür", dass ein Bad darinnen Ende des 18. Jahrhunderts eher als unschicklich galt, hatten doch unsere mittelalterlichen Vorfahren schon erkannt: 

"Wiltu ein Tag fröhlich sein? Geh ins Bad.
 Wiltu ein Woche fröhlich sein? Laß zur Ader.
Wiltu ein Monat fröhlich sein? Schlacht ein Schwein.
 Wiltu ein Jahr fröhlich sein? Nimm ein jung Weib!"

Ein Bad - ob öffentlich oder im eigenen Haus - war Ausdruck des sich Wohlfühlens, Indikator von Gesundheit und letztlich gar ein Zeichen von Prestige. Für all jene, die sich ein Bad in den eigenen Mauern nicht leisten konnte, war eine öffentliche Badestube umso mehr Ausdruck der Lebensfreude, des Wohlseins und - nicht zu vergessen - der Kommunikation.

Dies erkannten auch die Dresdner, denn 1394 stiftete der hiesige Bürgermeister Jocherim ein Stück Acker zu einem sogenannten ewigen "Seelbad" und verfügte, dass die Badstube allen Armen der Stadt unentgeltlich zur Verfügung stehen und jederzeit für sie zwölf besondere Badelaken zum Abtrocknen bereit liegen sollten, die aller 14 Tage gewaschen werden mussten. 

Diese Badestube kaufte der Rat 1484 und verpachtete sie an einen Bader; 1489 legte er eine größere Badestube an und vereinigte sie mit der bisherigen "Schreiberbadestube" auf der Schreibergasse.

Daraus entstand sie sogenannte Rathsbaderei, die noch bis 1864 auf der Badergasse bestanden hat. 

Unten aufgeführter Grundriss ist wohl seit dem 15. Jh. fast unverändert geblieben. Er beinhaltet neben zweier voneinander getrennter Badegewölbe für Männer und Frauen u.a. von der Küche aus beheizbare Öfen, getrennte Ankleidekabinen, eine Barbierstube sowie ein Vorratsgewölbe. Verzeichnet sind ebenfalls ein Brunnen, das Wasserhaus sowie die Schwitzbänke.

Diese Badergasse bildete bis 1885 die Fortsetzung der Wilsdruffer Strasse an der Nordostecke des Altmarktes, machte im zweiten Drittel ein Knie nach Süden und lief in eine Sackgasse. Die Badergasse selber bekam erst im Laufe der Zeit jedoch ihren Namen. Noch 1551 berichtete man vielmehr von den Bürgern im Loche im ersten geslin, im kwehrgeslin, im geslin bey der bütley und im geslin neben der badstuben.

Erst in neuerer Zeit verliert das alte Bild des Lochviertels an Gesicht, auch und besonders weil es an einer geraden, unmittelbaren Verbindung zwischen Altmarkt und Pirnaischem Platz mangelte. Nach zähem Ringen zwischen Bürgerschaft und Rat bzw. Stadtverordneten entschloss man sich deshalb im Jahre 1885 zum Durchbruch durch die Moritzgasse und Schießgasse, was letztlich die (König) Johann Straße (heute Teil der Wilsdruffer Str.)  hervorbrachte.

Grundriß der Ratsbaderei
Grundriß der Ratsbaderei

Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle weiterer öffentlicher Badeanstalten Dresdens gedacht. Außer der Rathsbaderei auf der Badergasse gab es im 15. Jh. noch eine Badestube in der Vorstadt vor dem Wilschen Tor bei der Weißeritz, die 1479 erwähnt wird.

Auch Alten-Dresden (= Neustadt) besaß eine Badergasse (ab 1840 Blockhausgässchen); die dortige Badestube gehörte dem Augustinerkloster und ward deshalb auch Mönchs-Badestube genannt, obwohl ... wahrscheinlich nicht nur den Mönchen des Klosters vorbehalten. Bereits 1477 wird diese Einrichtung erwähnt, doch schon zu den Hussitenkriegen soll sie 1430 nach andere Quellen vom Brückenturm aus in Brand gesetzt worden sein. Nachdem der Neustädter Rat 1488 vergeblich verhandelt hatte, erwarb er die Baderei im Jahre 1510 für 37 Schock Groschen, so dass nun auch die Neustadt eine ratseigene Baderei besaß, wie jenseits der Elbe die Altstadt.

Die weitere Geschichte dieses Gebäudes ist eher schon als tragisch einzustufen. Schon zu Zeiten Augusts des Starken wird es als "Hintergebäude" abgetan, bis Mitte des 20. Jh. teilten sich dieses Gebäude - dessen Zustand sich mehr und mehr verschlechterte - gar eine Kohlenhandlung und eine Wäscherei, bevor es hiernach dem Abriss zum Opfer fiel.

Von dieser mittelalterlichen "Badergasse" in Neustadt ist zu unterscheiden die "Badegasse", die im 18. Jh. nach dem Linckeschen Bad in der heutigen Louisenstrasse führte. Hier am Ende der Bautzner Strasse hatte um 1750 auf seinem Grundstück "Lehmanns Garten" der gleichnamige Besitzer eine Badestube errichtet. Als im Jahre 1767 auf der Bautzner Str. vom Schwarzen Tor an (jetzt Albertplatz) eine Allee errichtet wurde, erneuerte der Nachfolger Lehmanns, Akziserat Lincke, die Badeanstalt und eröffnete 1778 neben ihr ein Gartenrestaurant, welches immer mehr zum Treffpunkt der Dresdner wurde.