Das sächsische Fallbeil

 

Die Umgestaltung der Strafrechtsregelungen - inbegriffen hier die Übergabe der hohen Gerichtsbarkeit der Städte auf das Land, wie auch die Bestellung des Scharfrichter als Staatsbeamter – beinhaltete letztlich auch die humanere Aburteilung eines Delinquenten … auch, da in der Vergangenheit mancherlei Hinrichtungen durch das Schwert fehlschlugen, der Scharfrichter erst nach mehrmaligen Schwertschlägen das Urteil gegen den Sünder vollständig vollziehen konnte.

 

 

Die Initialzündung zur Einführung der sächsischen Guillotine lieferte die Hinrichtung der Dienstmagd Johanne Christiane Henriette Rehn durch das Schwert, welche ihr 3. uneheliches Kind getötet hatte, und durch den Dresdner Scharfrichter Samuel August Fritzsche am 11. September 1852 in Dresden „auf dem Sande“ dem Tode zugeführt wurde, wobei Fritzsche jedoch drei Ansätze brauchte, um das Todesurteil zu vollstrecken. Hinrichtungen waren zu diesem Zeitpunkt in Sachsen kaum mehr zur Anwendung gekommen, die Todesstrafe 1848 gar abgeschafft, allerdings 1849 wieder eingeführt, und erst 1852 zur Anwendung gekommen.

 

 

Durch Verordnung des Justizministeriums vom 1. Dezember 1852 wurde nunmehr für das Königreich Sachsen die Einführung des Fallschwerts verfügt und beschlossen, dasselbe schon bei den in nächster Zeit bevorstehenden Hinrichtungen in Anwendung zu bringen. Das Justizministerium hatte schon vorher das Modell einer solchen Maschine aus Paris kommen lassen und der Mechanikus Kleber in Dresden erhielt den Auftrag, nach demselben, unter Anbringung etwaiger Verbesserungen, eine gleiche Maschine zu erbauen.

 

 

Am 05. Januar 1853 melden die Gazetten: Das neuerlich erwähnte schiefe Fallschwert oder, wie man bereits genannt, die „sächsische Guillotine“ ist bis zur Aufstellung vollendet. Dieselbe ist vom Mechanikus Kleber in Dresden gebaut. Die mit einer Galerie umgebene Tribune (Schaffot) ist 3 Ellen 4 Zoll hoch, ihr Umfang beträgt 7 Quadratellen. Darauf befindet sich die 8 Ellen hohe Maschine, welche im Allgemeinen der französischen Guillotine ähnelt. Das aus einer Höhe von 6 Ellen senkrecht herabfallende Beil ist von J. C. Baer in Dresden gefertigt und wiegt 32 Pfund, mit dem Klotze aber 60 Pfund; es zeichnet sich vor allen übrigen bekannten Fallbeilen durch eine schräge Schneide aus. Das Ministerium der Justiz hat bereits unterm 1. December v. J. kund gegeben, daß „nachdem die Construction des Fallschwertes solche Verbesserungen erfahren habe, daß neben möglichster Sicherheit auch eine möglichst schnelle und schmerzlose Ausführung des Executionsaktes verbürgt sei, Se. Majestät der König im Hinblick auf die neuerdings wieder in Erfahrung gebrachte Unzuverlässigkeit des Enthauptens sich bewogen gefunden habe, das Fallschwert als Executionsmittel für die Todesstrafe anzuordnen. Die Justizbehörden haben daher in Zukunft die Todesstrafen, statt durchs Schwert, durch das Fallschwert zu erkennen und vollstrecken zu lassen“. Beiläufig gesagt, scheint uns das gerade Fallschwert oder die französische Guillotine schmerzloser und eben so sicher zu wirken, als das schiefe Fallschwert. Erstere trifft zuerst den Halswirbel mit dem Rückenmark, als die Theile, bei deren Durchschneidung das Bewußtsein sofort verloren geht, die sächsische Guillotine schneidet aber seitlich ein und trifft erst später jene wichtigeren Theile, doch ist es möglich, daß bei der großen Schnelligkeit die Sache sich ziemlich gleich bleibt. Es haben aber auch bereits Andere sich in diesem Sinne ausgesprochen.

 

Die erste Hinrichtung mit dem neuen Instrument erfolgte am 26. Januar 1853 an Christian Heinrich Fischer, gleichfalls wegen Kindsmord verurteilt – durch den Scharfrichter Fritzsche –  zu Chemnitz.